Vorbei sind die Zeiten der kleinen roten Notenbüchlein, die der Lehrer zum Unterrichtsbeginn oder -ende zückt, um Noten zu geben. Programme für Tablets und PCs haben herkömmliche Methoden verdrängt. Hat die bewährte Notengebung also ausgedient?
Tom Müller unterrichtet an der Gesamtschule in Berlin-Lichterfelde Mathematik und Physik. Er ist ein großer Fan des webbasierten Schulnotenprogramms, das ihm mit einem Klick nicht nur den aktuellen Leistungsstand der einzelnen Schüler mitteilt. Janas Mutter wundert sich über die Notenentwicklung ihrer Tochter. Sie meint, dass die individuelle Leistungsbeurteilung gar nicht erfolgt. Sie beschwert sich bei Schulleiterin Anja Wortmann.
Nach den jeweiligen Schulgesetzen der Länder sind Noten das Ergebnis von Leistungsfeststellungen und -beurteilungen bei Schülern. Vielfältige mündliche, schriftliche und praktische Beiträge sind dabei zu berücksichtigen. Zeugnisnoten sind von der Lehrkraft pädagogisch festzusetzen und zu verantworten.
Sie werden nicht allein durch Berechnungen ermittelt, auch dann nicht, wenn es sich um ein Punktesystem handelt (vgl. § 50 Abs. 2, § 61 Abs. 1 SchulO RLP). Die Gesamtnote ist nicht der rechnerische Durchschnitt von Einzelnoten (vgl. § 53 SchulO RLP).
Unterrichten Sie Ihre Lehrkräfte über die individuelle Notenvergabe trotz hoher Affinität zu digitalen Hilfsmitteln. Orientieren Sie sich an nachfolgenden Fakten.
Die Schulnote ist eine Leistungsbeurteilung. Die Lehrkraft muss somit in jedem Einzelfall die konkrete Leistung des Schülers beurteilen und bewerten. Es kommt entscheidend auf den pädagogischen Bewertungsmaßstab der Lehrkraft an.
Die Verwaltung der zuvor individuell festgestellten Leistungsbeurteilungen durch PC-Programme oder Apps ist zulässig. Hier geht es nur um die Erfassung und die Verwaltung von zuvor ermittelten Noten. Die Programme selbst sollen und dürfen keine Noten festlegen. Dies bleibt die pädagogische Hauptleistung der Lehrkraft.
Eine Software, die rechnerisch eine Note ermittelt, verstößt gegen das Gebot der individuellen pädagogischen Einschätzung von Lehrkräften auf der Basis des bisher vermittelten Unterrichtsstoffs.
Die Software arbeitet stereotyp und vergibt lediglich verschiedene Teilnoten. Sie kann das Leistungs- und Abstraktionsniveau von Schülern nicht beurteilen.
Schulnotensoftware macht Ihre Noten rechtlich angreifbar. Eltern, die eine Schulnote überprüfen lassen wollen, können sich auf diese Weise sehr gut darauf berufen, dass nicht die pädagogische Leistung der Lehrkraft zur Note geführt hat, sondern lediglich das Berechnungsprogramm.
Ein Gericht käme so sehr schnell dazu, dass das pädagogische Ermessen gar nicht ausgeübt wurde. An dieser Stelle wäre Ihre Note rechtlich nicht zu halten.
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