So fordern Sie Ihre Schüler zu anspruchsvollen Leistungen heraus

09.01.2015

Wie haben Ihre Schüler bei den letzten Vergleichsarbeiten abgeschnitten? Falls Sie feststellen, dass die Leistungen im Durchschnitt oder gar darunter liegen, sollten Sie aktiv werden. Überlegen Sie in einer pädagogischen Konferenz mit dem Kollegium zusammen, wie Sie Ihre Schüler zu noch anspruchsvolleren Leistungen herausfordern können. Sie brauchen dazu nicht unbedingt etwas Neues. Schärfen Sie vielmehr Ihre gängigen Methoden, mit denen Sie Unterricht auch bisher gestalten.

 

Gute Fragen stellen

Veranlassen Sie Ihre Schüler mit guten Fragen zum komplexen Denken. Gute Fragen führen den soeben behandelten Inhalt weiter. Fragen Sie nicht nur Fakten ab, sondern fragen Sie vor allem nach Zusammenhängen. Fordern Sie Ihre Schüler zum Schlussfolgern heraus. So lernen die Schüler nicht nur, komplexe Sachverhalte zu strukturieren, sondern sie auch auszudrücken. Gute Fragen beginnen oft mit „Warum?“, „Wozu?“ oder sind in eine Aufforderung eingekleidet: „Erkläre, weshalb …“, „Zeige auf, wie …“ Geben Sie den Schülern bei solchen Fragen Zeit, sich die Antwort zu überlegen.

 

Zum Weiterdenken auffordern

Beenden Sie eine Unterrichtsstunde nicht einfach, wenn der Lerninhalt behandelt und der Hefteintrag fertig ist. Fördern Sie zum Abschluss noch die geistige Beweglichkeit Ihrer Schüler mit einigen Gedankenexperimenten: „Was wäre, wenn …?“ Oder: „Was müsste geschehen, damit …?“– Oder setzen Sie bei einem Faktor eine größere Zahl als bei der gelösten Aufgabe ein, ohne sie ausrechnen zu lassen: „Wird das Ergebnis nun mehr oder weniger sein?“ Mit solchen Fragen sind Ihre Schüler gefordert, das Gelernte in Gedanken folgerichtig weiterzudenken. Fordern Sie Ihre Schüler auch zum Vergleichen des Neuen mit bereits Bekanntem auf, z. B. in Biologie die Anpassung von Tieren an ihren Lebensraum. So lernen die Schüler, zu verallgemeinern und Naturgesetzmäßigkeiten zu erkennen.

 

In eine Lernlandkarte einordnen

Damit Ihre Schüler die gelernten Inhalte in den Gesamtkontext eines Faches oder eines Lernfeldes einordnen können, bieten Sie ihnen eine Lernlandkarte, einen Advanced Organizer, an. Dieser Plan enthält alle Begriffe, die zu diesem Lernfeld gehören. Mit Pfeilen und weiteren Symbolen wird die Beziehung der Begriffe untereinander aufgezeigt. Wie bei einer Landkarte sehen Ihre Schüler auf diese Weise nicht mehr nur einen isolierten Ausschnitt aus dem Thema, sondern bekommen einen Überblick über das Gesamte. Lassen Sie zu Beginn und am Ende einer Lerneinheit den Zusammenhang der neu gelernten Sachverhalte mit den schon bekannten verbalisieren.

 

Zusammenfassen lassen

Eine besonders hohe Anforderung stellen Sie an Ihre Schüler, wenn sie z. B. den Inhalt eines Textes oder das Gelernte einer Stunde zusammenfassen müssen. Aus vielen Einzelaussagen den Kern der Sache herauszufiltern fällt selbst manchem Erwachsenen schwer. Trainieren Sie es in kleinen Schritten, z. B. indem Sie

 

  • Schlüsselwörter in einem Text markieren lassen,
  • einen Absatz in einem Lesetext mit einer Überschrift versehen,
  • eine Mindmap erstellen und mit Oberbegriffen (Ästen) und zugehörigen Details (Zweigen) versehen.

 

Erklären lassen

Sprache und Denken sind in einer symbiotischen Weise verzahnt: Das eine geht nicht ohne das andere. Der Sprache kommt beim Lernen eine besondere Bedeutung zu. Mit Sprache wird eine Einordnung in die individuelle kognitive Struktur vorbereitet. Auch das Behalten wird gefördert. Legen Sie selbst in Fächern wie Mathematik größten Wert auf die Verbalisierung von Lösungswegen. Aus einem einmaligen Problemlösevorgang wird eine Strategie, die sich auf andere Situationen übertragen lässt.

Setzen Sie Patenschaften ein. Hier lernen die betreffenden Schüler in der Rolle des Lehrers selbst eine Menge durch ihre Erklärungen dazu. Zeigen Sie die „verbale Selbstanweisung“ auch als Hilfsmittel auf, die Konzentration zu fokussieren und in zielgerichteten Schritten voranzugehen.

 

Problemlösekompetenz entwickeln

Sollen Schüler anspruchsvolle Leistungen erbringen, ist ganz besonders ihre Kompetenz gefordert, Probleme zu lösen. Dies braucht sehr viel Training, egal in welchem Fach. In Mathematik können Sie Aufgaben einsetzen, wie sie der italienische Kernphysiker Fermi seinen Studenten gestellt hat. Solche Fermi-Aufgaben fordern die Problemlösekompetenz Ihrer Schüler besonders heraus. Sie müssen ihr Alltagswissen nutzen, fehlende Informationen besorgen, vermuten, forschen, überschlagen, mit großen Zahlen rechnen, Größen umrechnen und vor allem lebenspraktische Zusammenhänge in mathematische Operationen umsetzen. Fermi-Aufgaben lassen sich auf allen Schulstufen und Schularten einsetzen, ob in der Grundschule, der Mittel-, der Realschule oder der Gemeinschaftsschule. Natürlich müssen dann Sachverhalte und Begriffe geklärt und Material bereitgestellt werden. Fördern Sie auch in anderen Fächern durch komplexe Themenstellungen die kognitive Kreativität Ihrer Schüler, z. B. im Deutsch- und im Fremdsprachenunterricht.

 

Als Forscher tätig werden

Eine Unterrichtsform, mit der Sie das systematische Problemlösen im naturwissenschaftlichen Unterricht besonders gut fördern können, ist der forschend- entwickelnde Unterricht. Hier schreiten Ihre Schüler nach einer Struktur voran, wie sie auch von Forschern benutzt wird:

 

  • Geben Sie eine Problemstellung vor.
  • Lassen Sie die Schüler Hypothesen über die Problemlösung entwickeln.
  • Fordern Sie die Schüler auf, einen Weg zu formulieren, wie sich das Problem lösen lässt, z. B. durch einen Versuch.
  • Die Schüler führen ihren vorgeschlagenen Lösungsweg aus.
  • Sie verbalisieren das Ergebnis.
  • Sie schlussfolgern, ziehen Parallelen, erklären und verallgemeinern, so dass das Ergebnis von der Beobachtungsebene in die naturwissenschaftliche Erklärungsebene gehoben wird.

 

Bieten Sie Ihren Schülern die Chance, das gelernte Forscher-Vorgehen selbstständig anzuwenden, z. B. in einer „Lernwerkstatt Naturwissenschaften“ oder im themenbezogenen Werkstattunterricht.

 

Intelligent üben

Üben und Vertiefen gehören selbstverständlich zum schulischen Lernen. Auch mechanisches Üben hat seinen Stellenwert, wenn es um das Internalisieren von Fertigkeiten geht, z. B. beim Kopfrechnen. Doch bleiben Sie nicht dabei stehen. Stellen Sie Ihren Schülern baldmöglichst Übungsaufgaben, die eine Umkehrung des Vorgangs, die Einbeziehung weiterer Faktoren oder das Verknüpfen mit dem Basiswissen aus dem jeweiligen Fach beinhalten. Stellen Sie vor allem in den Naturwissenschaften oder in Mathematik auch offene Aufgaben, bei denen die Schüler selbst herausfinden müssen, was sie aufgrund der Angaben herausfinden oder ausrechnen können.

 

Mit Fehlern konstruktiv umgehen

Zu guter Letzt fördern Sie anspruchsvolles Lernen auch durch eine konstruktive Fehlerkultur. Die Schüler befassen sich ungern mit Fehlern. Wenn überhaupt, verbessern sie Fehler in einer Arbeit unwillig, und dann legen sie sie ad acta. Doch damit ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der gleiche Fehler immer wieder gemacht wird. Verhindern Sie dies, indem Sie sich den Lösungsweg erklären lassen. Nur so lässt sich die Stolperstelle ausfindig machen und für die Zukunft durch das korrigierte Verständnis beheben.

Fazit: Im Unterricht, der bei den Schülern anspruchsvolle Leistungen herausfordert, wird nicht Stoff durchgenommen, sondern es werden Kompetenzen gefördert. Wenden Sie dazu vielfältige Methoden an. Wechseln Sie Phasen des eigenverantwortlichen Lernens mit lehrergelenktem Unterricht ab, so dass motivationale Faktoren und herausfordernde kognitive Faktoren gleichermaßen


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