Mitbeaufsichtigung von Nachbarklassen: So haben Sie das Risiko rechtlich im Griff

13.05.2016

Schüler sind der Schule und somit den Lehrkräften zur Ausbildung und Erziehung anvertraut. Hieraus ergeben sich die Fürsorgepflicht der Schule und damit auch die Aufsichtspflicht. Dies gilt nicht nur für Zeiten des aktiven Unterrichts, sondern auch für Situationen, in denen eine Klasse eine kurze Zeit vorübergehend ohne Anwesenheit einer Lehrkraft verbringt. Welche Haftungsrisiken bei der Mitbeaufsichtigung von Nachbarklassen entstehen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

 

Praxisbeispiel: Michaela Hoffmann unterrichtet in der Klasse 6a Erdkunde. Zu Beginn der 2. Stunde stellt sie fest, dass sie ein für den Unterricht wichtiges Diagramm vergessen hat. Sie geht schnell ins Lehrerzimmer, um 26 Kopien zu fertigen. In dieser Zeit bittet sie die Schüler, im Erdkundebuch ein Kapitel zu lesen. In der Nachbarklasse unterrichtet Dorothee Bäumer die 10a in Politik. Sie verdreht die Augen, als sie hört, dass sie für die Zeit des Kopierens die 6a beaufsichtigen soll. Die 6a ist die unruhigste und lauteste Klasse der gesamten Schule. Kaum hat sie den Gedanken zu Ende gedacht, hört sie schon ein lautes Krachen. Leon war auf den Tisch geklettert, und Jan hat ihn runtergeschubst. Ihm fehlt der rechte Schneidezahn.

 

Rechtlicher Hintergrund bei der Mitbeaufsichtigung von Nachbarklassen

Sinn und Zweck der Aufsichtspflicht, die in vielen Bundesländern in einer eigenen Aufsichtsordnung verankert ist (z. B. Aufsichtsverordnung [Aufs-VO] des Landes Hessen vom 11.12.2013), ist es, Schüler vor Schäden zu bewahren und diese zu verhindern. Die Aufsichtspflicht obliegt dem unterrichtenden Lehrer. Aber auch derjenige, der freiwillig die Aufsicht übernimmt, ist aufsichtspflichtig. Aufsicht darf auch an Hilfspersonen delegiert werden. Die Pflicht erstreckt sich in diesem Fall auch auf die sorgfältige Auswahl der Hilfsperson, ihre Anleitung und den sachgerechten Einsatz von Hilfspersonen. Auch nach den Umständen des Einzelfalls kann sich eine Aufsichtspflicht für jede Lehrkraft in bestimmten Situationen ergeben wie z. B. bei Auseinandersetzungen von Schülergruppen auf dem
Schulhof.

 

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Aufsichtspflicht gilt nicht nur für Klassenräume

Sie und Ihre Lehrkräfte müssen wissen, dass sich die Aufsicht auf das Schulgelände und auf Schulveranstaltungen sowie auf Bushaltestellen erstreckt. Die Verletzung der Aufsichtspflicht führt zur zivilrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Haftung von Lehrkräften.

 

Das ist bei der Mitbeaufsichtigung von Klassen entscheidend

In einer Situation wie im Beispiel kommt es entscheidend auf die Auswahl der vorübergehenden Aufsichtsperson an. Unruhige oder besonders schwierige Klassen können Ihre Kollegen auch nicht vorübergehend allein oder durch ältere bzw. ruhigere Schüler beaufsichtigen lassen. Am besten sollte dies auch für nur kurze Zeit immer eine Lehrkraft übernehmen. Im Zweifel kann es auch mal der Hausmeister sein.

 

Wenn ein Schüler während einer ungeklärten Aufsichtssituation zu Schaden kommt

Kommt ein Schüler während einer ungeklärten Aufsichtssituation zu Schaden, kommt zunächst die gesetzliche Unfallversicherung für die entstandenen Schäden auf. Wegen der Haftung der gesetzlichen Unfallversicherung (GUV) sind Lehrkräfte, Schüler und sonstige Beschäftigte der Schule, wie z. B. Hausmeister oder Sekretärin, von der zivilrechtlichen Haftung freigestellt (§§ 104, 106 Abs. 1 SGB VII).

 

Vorsicht bei grob fahrlässigen Verhalten bei der Aufsichtspflicht!

Wer seine Dienstpflichten als Lehrer vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt, bleibt dem Risiko einer Haftung ausgesetzt. Der Unfallversicherungsträger, aber auch der Dienstherr können den Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen, die zugunsten eines verletzten Schülers gemacht worden sind. Voraussetzung ist hierfür Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit.

Wann ein Dienstvergehen vorliegt

Auch eine disziplinarrechtliche Haftung einer Lehrkraft kommt in Betracht, wenn die Aufsichtspflicht vernachlässigt wurde. Dies kann auch in einer fehlerhaften Auswahl der vorübergehenden Aufsichtsperson begründet sein. Hier kommt es im Wesentlichen auf die Schwere der Dienstpflichtverletzung an und auf deren Folge, also z. B. den Schadensumfang im konkreten Einzelfall.

 

Fazit: Die Aufsichtspflicht und das Haftungsrisiko liegen bei der unterrichtenden Lehrkraft. Nur bei ordnungsgemäßer Delegation der Aufsicht wird auch das Haftungsrisiko delegiert. Um eine Haftung sicher ausschließen zu können, orientieren Sie sich an unserer Checkliste, die die im Gratis Bereich kostenlose herunterladen können.

 


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