Elternbeschwerde gegen das Zeugnis – was nun?

07.11.2011
Lesen Sie hier, wie die Rechtsprechung in 3 Fällen von Beschwerden der Eltern gegen das Zeugnis entschieden hat: zu einem Einspruch gegen Zeugnisbemerkungen, zur Zeugnisaushändigung bei geteiltem Sorgerecht und zur Nichtaushändigung eines Abschlusszeugnisses bei einem kurzfristigen Umzug in ein anderes Bundesland.

1. Fall: Einschränkende Bemerkungen möglich

Im Jahreszeugnis eines 3.-Klasse-Schülers steht die Bemerkung: "Hausaufgaben werden von Florian im Großen und Ganzen ordentlich erledigt." Die Eltern des Kindes wenden sich gegen diese Bemerkung und tragen in ihrem Beschwerdeschreiben vor, die Aussage "im Großen und Ganzen" sei nachteilig. Sie treffe außerdem nicht zu. Vielmehr habe der Junge stets zuverlässig seine Hausaufgaben erledigt. Außerdem dürfe im Zeugnis nichts Nachteiliges enthalten sein. Nach Rücksprache mit der Klassenlehrkraft bleibt die Schulleitung bei ihrer Bemerkung.

Rechtslage: Die Zeugnisbemerkung ist korrekt formuliert, da die Klassenlehrerin des Jungen 2 Beispiele nennen kann, in denen die Hausaufgaben nicht vollständig waren. Zeugnisse müssen der Wahrheit entsprechen. Alles andere wäre üble Nachrede, § 186 StGB.

Begründung: Die Schule muss Beispiele nennen können, in denen der Schüler Mängel bei den Hausaufgaben hatte.

Wichtiger Hinweis!
Zeugnisbemerkungen müssen, wie die Zeugnisnoten, den Tatsachen entsprechen, nachvollziehbar sein und auf Beobachtetem und Festgestelltem beruhen. Die Aussage "im Großen und Ganzen" stellt in der Tat eine Einschränkung dar. Dies bedeutet, dass der Junge nicht durchgängig seine Hausaufgaben vollständig und korrekt gemacht hatte. Zeugnisse dürfen im Übrigen sehr wohl auch Nachteiliges enthalten, auf Lerndefizite oder Mängel im sozialen Verhalten oder auf sonstiges Fehlverhalten hinweisen. Sie sind ein innerschulisches Hilfsmittel im Rahmen der Erziehungsarbeit. Etwas anderes gilt nur für Zeugnisse, die Bewerbungszwecken dienen, also Abschlusszeugnisse, gegebenenfalls das Zwischenzeugnis von Abschlussklassen. Erleichtern Sie hier durch eine wohlwollende Formulierung den Start in das Berufsleben. Allerdings müssen die Zeugnisse auch in diesem Fall dem Grundsatz der Wahrheit und Klarheit Rechnung tragen.

2. Fall: Aushändigung des Zeugnisses an beide Elternteile

Eine Grundschülerin erhält ein Jahreszeugnis mit durchgehend sehr schlechten Noten. Diese beruhen in erster Linie darauf, dass das Mädchen, das bei ihrer allein erziehenden Mutter lebt, den Unterricht nur sehr unregelmäßig besucht hatte. Eine Woche nach Aushändigung des Zeugnisses meldet sich überraschend der Vater, der bisher nie in Erscheinung getreten war, bei der Schule. Er erklärt, dass er ein gemeinsames Sorgerecht mit seiner Exfrau habe und er darum bitte, ebenfalls das Zeugnis zugeschickt zu bekommen. Die Schule teilt ihm mit, er möge sich an seine Exfrau wenden, zumal er am gleichen Ort wohne. Im Übrigen möge er einen Nachweis für sein Sorgerecht vorlegen. Der Vater schickt der Schule eine Kopie der Familiengerichtsentscheidung und setzt der Schule eine Frist für die Zusendung des Zeugnisses.

Rechtslage: Die Schule ist verpflichtet, dem sorgeberechtigten Vater der Schülerin eine Kopie des Zeugnisses zuzusenden. §§ 1626 ff. BGB regeln die elterliche Sorge.

Begründung: Es liegt ein gemeinsames Sorgerecht vor. Beide Sorgeberechtigte sind über wesentliche Vorkommnisse und Entwicklungen in der Schullaufbahn zu unterrichten. Das Zeugnisoriginal ist jeweils an denjenigen zu richten, bei dem das Kind lebt. Der andere sorgeberechtigte Elternteil erhält eine Kopie.

Wichtiger Hinweis!
Bei grundsätzlichen Angelegenheiten sind beide Elternteile zu unterrichten. Versetzungsfragen gehören zu diesem Bereich. Zudem ist die Schule verpflichtet, den 2. Elternteil bereits zu einem frühen Zeitpunkt auf einen unregelmäßigen Schulbesuch oder eine nachteilige Leistungs- und Persönlichkeitsentwicklung hinzuweisen.

3. Fall: Keine Zeugnisnoten bei kurzfristigem Umzug

Ein Schüler der 9. Klasse einer Hauptschule zieht mit seiner Familie zum 01.07.2005 von Nordrhein-Westfalen nach Bayern. Die Schule erklärt ihm, dass er zum Schuljahresschluss kein Zeugnis erhalte, da die Zeit zu kurz sei, eine Aussage über seinen Leistungsstand und sein Verhalten zu treffen. Seine Eltern beschweren sich darüber und erklären, dass der Junge in Nordrhein-Westfalen sehr gute Noten hatte. Sie beantragen, diese Noten in das Jahreszeugnis der Hauptschule zu übernehmen. Die Schule in Bayern lehnt dies ab, da ihrer Meinung nach diese Noten von ihr nicht überprüft werden können und sich zudem auf andere Lehrinhalte beziehen.

Rechtslage: Die Entscheidung der Schule ist korrekt. Sie muss kein Zeugnis ausstellen. Dies ergibt sich aus der Bildungshoheit der Länder (Art. 83 ff. GG).

Begründung: Die Zeit vor dem Jahreszeugnis war für die Klassenlehrerin zu kurz, um ein aussagekräftiges Urteil über den Leistungsstand und das Verhalten des Jungen zu gewinnen. Eine Übernahme der Noten aus Nordrhein-Westfalen kommt nicht in Betracht, da Maßstab der bayerischen Schulzeugnisse der bayerische Lehrplan und das Schulsystem sind.

Wichtiger Hinweis!
Die frühere Schule im Bundesland, aus dem der Schüler kommt, kann ihm eine entsprechende Schulbestätigung ausstellen, falls von ihm im Bewerbungsverfahren ein Leistungsnachweis gefordert wird.


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