Dienstunfähig nach Unfall – wann Sie als verbeamtete Lehrkraft ein Unfallruhegehalt bekommen

17.09.2020

Auch wenn es selten ist, so kommt es doch immer wieder in der Schulpraxis vor, dass verbeamtete Lehrkräfte nach einem Unfall dienstunfähig werden und in den Ruhestand gehen müssen. Auch wenn Sie sich mit dieser Frage vielleicht nicht gern auseinandersetzen – und wir Ihnen wünschen, dass Sie während Ihrer Dienstzeit niemals in eine solche Situation geraten–, so sollten Sie doch bestimmte Grundsätze zum Unfallruhegehalt kennen.

Praxisbeispiel: Auf dem Schulhof der Neustädter Gesamtschule kommt es zu einer heftigen Auseinandersetzung von 2 bekanntermaßen rivalisierenden Gruppen von älteren Schülern. Nach verbalen Provokationen kommt es zu einer handfesten Schlägerei, bei der ein Schüler ein Butterflymesser hervorholt. Aufsichtslehrkraft Tom Berger, der einen guten Draht zu den Jugendlichen hat, versucht, die Angelegenheit zu schlichten. Da die Auseinandersetzung jedoch bereits so weit fortgeschritten ist, kann er die Situation mit Worten nicht mehr deeskalieren. Er greift deshalb beherzt den Übeltäter mit dem Messer am Arm, um ihn von einer Gewalttat abzuhalten. Dieser fährt blitzschnell herum und schleudert das Butterflymesser in Richtung des 55-jährigen Tom Berger. Dieser wird an der Halsschlagader getroffen. Durch eine Notoperation kann Tom Berger gerettet werden. Die Folge ist jedoch eine Dienstunfähigkeit für den Rest seiner Dienstzeit.

Rechtlicher Hintergrund bei einem Dienstunfall

Sofern eine verbeamtete Lehrkraft einen qualifizierten Dienstunfall erleidet, erhält sie ein erhöhtes Unfallruhegehalt. Dies ist dann der Fall, wenn die Unfallfolgen zur Versetzung in den Ruhestand führen oder die Minderung der Erwerbsfähigkeit der verbeamteten Lehrkraft mindestens 50 % beträgt (vgl. § 41 Beamtenversorgungsgesetz Schleswig-Holstein) oder zur Dienstunfähigkeit führt.

6 Grundsätze zum Unfallruhegehalt nach einem Dienstunfall

Sollten Sie oder jemand aus Ihrem Kollegium von einer derartigen Situation betroffen sein, sollten Sie nachfolgende 6 Grundsätze kennen.

1. Grundsatz: Es muss ein qualifizierter Dienstunfall vorliegen

Ein qualifizierter Dienstunfall kann z. B. vorliegen, wenn die Lehrkraft wie im Praxisbeispiel einem tätlichen Angriff durch einen Schüler ausgesetzt ist. Es muss sich dabei um einen sogenannten qualifizierten Dienstunfall handeln. Dies ist wichtig, weil dann höhere Unfallfürsorgeleistungen in Anspruch genommen werden können. Dies ist der Fall, wenn bei der Diensthandlung, im Praxisbeispiel bei der Aufsichtsführung und dem Eingriff in den Konflikt, eine objektiv erkennbare Lebensgefahr bestanden hat. Mit dem tätlichen Angriff durch das Butterflymesser ist dies gegeben.

2. Grundsatz: Es muss ein tätlicher Angriff vorliegen

Wichtig ist, dass für das erhöhte Unfallruhegehalt nur solche Ereignisse anerkannt sind, die einen Körperschaden hervorrufen. Dies kann der tatsächlich körperliche Schaden durch die Verletzung der Halsschlagader im Praxisbeispiel ebenso sein wie auch die Folge, nämlich extreme psychische Beeinträchtigungen, die es der Lehrkraft nicht mehr ermöglichen, den Schuldienst auszuüben. In solchen Fällen sind auch posttraumatische Belastungsstörungen als Körperschäden anerkannt.

3. Grundsatz: Die Dienstunfähigkeit führt zur Versetzung in den Ruhestand

Maßgeblich für ein erhöhtes Unfallruhegehalt ist, dass die durch den Unfall – im Praxisbeispiel durch den Angriff – verursachte Dienstunfähigkeit in der Folge auch zur Versetzung in den Ruhestand führt. Wer sich nach einem Dienstunfall wieder erholt und den Schuldienst wiederaufnehmen kann, erfüllt die Voraussetzung der Versetzung in den Ruhestand nicht. In solchen Fällen gibt es auch kein erhöhtes Unfallruhegehalt.

4. Grundsatz: Die Erwerbsfähigkeit muss mindestens um 50 % gemindert sein

Auch die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 50 % genügt, um ein erhöhtes Unfallruhegehalt oder einen Sonderausgleich zu erhalten. Das bedeutet, dass eine Lehrkraft, die nach einem solchen Angriff noch wenigstens 50 % erwerbstätig ist, unter Umständen auch eine entsprechende erhöhte Unfallruhegehaltszahlung beanspruchen kann. Entscheidend ist dabei, dass es einen hohen Grad an Schädigungsfolgen gibt, also wenigstens 50 %.

5. Grundsatz: Der verbeamtete Lehrer kann zusätzlich auch Unfallentschädigung beanspruchen

Wer einen Dienstunfall in der vorher beschriebenen Art erleidet, kann eine einmalige Entschädigung in Höhe von 150.000 € erhalten. Dies ist der Fall, wenn der Beamte infolge des Unfalls wenigstens 50 % erwerbsgemindert ist.

Dieser Betrag wird zusätzlich zum erhöhten Unfallruhegehalt gezahlt

Wäre im Praxisbeispiel Tom Berger an den Folgen der Verletzung seiner Halsschlagader gestorben, würde die Entschädigung für Ehefrau und versorgungsberechtigte Kinder einmalig 100.000 € betragen.

Mein Fazit: Kommt es zu einer schweren Auseinandersetzung an Ihrer Schule, sollten Sie sich gemeinsam mit der betroffenen Lehrkraft und ihren Angehörigen darum kümmern, dass das erhöhte Unfallruhegehalt unter der genannten Voraussetzung anerkannt und auch gezahlt wird.


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