Im Internet können Sie für knapp 10 € den „Modernen Knigge für Kinder und Jugendliche“ bestellen. Im Inhaltsverzeichnis finden Sie u. a. das Grüßen und Bedanken sowie angemessene Kleidung und Tischsitten. Doch für viele Situationen, in die Ihre Schüler in der Bewerbungsphase der 8., 9. oder 10. Klasse geraten, reicht ein schriftlicher Ratgeber nicht aus. Organisieren Sie lieber einen Unterricht über moderne Umgangsformen, in dem die Schüler ihr Verhalten in realitätsnahen Fallbesprechungen und Rollenspielen simulieren.
Kooperieren Sie mit Betrieben
Optimal ist es, wenn Sie den Benimmunterricht zusammen mit Betrieben aus Ihrer Umgebung organisieren. Stellen Sie Ihre Idee deshalb dem regionalen Arbeitskreis Schule–Wirtschaft oder einem Betrieb vor, der häufig Jugendliche aus Ihrer Schule in Ausbildungsverhältnisse übernimmt. Diese haben ein großes Interesse daran, Schüler in modernen Umgangsformen zu schulen, insbesondere Dienstleistungsbetriebe, z. B. aus der Gastronomie-Branche. Hier wird auf gutes Benehmen besonders viel Wert gelegt. So eine Kooperation kann unterschiedliche Formenannehmen:
a) Die Personalabteilung einer Firma übernimmt das komplette Training.
b) Ein Betrieb aus der Umgebung der Schule stellt seine Räumlichkeiten zur Verfügung, so dass die Schülerwährend dieses Unterrichts sozusagen von „betrieblichem Flair“ umgeben sind.
c) Es wird abgewechselt: Teil 1 des Trainings findet im Betrieb statt, Teil 2 in der Schule, Teil 3 in einem Restaurant.
d) Der regionale Arbeitskreis Schule–Wirtschaft vermittelt Betriebe, die sich am Benimmunterricht beteiligen.
Falls Sie keinen Betrieb finden, der Sie unterstützt, bilden Sie eine Arbeitsgruppe derjenigen Lehrer, die in den 8. – 10.Klassen unterrichten. Die Lehrer dieses Teams arbeiten dann zusammen eine Unterrichtseinheit mit 3 Folgen aus und führen diese in der Schule durch.
Wählen Sie die Teilnehmer aus
Wer soll in den Genuss eines solchen Benimmtrainings kommen? Am gerechtesten ist es, alle Ihre 9. Klassen dazu einzuladen. Dann erhält jeder Schüler die gleichen Chancen. Auch ein Betrieb hat Interesse an Teilnehmern aus der Abschlussklasse. Denn einer der Vorteile für ihn ist, bei dieser Gelegenheit schon einige künftige Auszubildende kennenzulernen und einen ersten Eindruck zu gewinnen. Auf diese Weise wird so mancher Praktikumsplatz oder gar ein Vorstellungsgespräch angebahnt.
Bereiten Sie ein World Café vor
Bereiten Sie einen großen Raum für ein „World Café“ vor, wenn möglich in den Räumlichkeiten des Betriebs, mit dem Sie kooperieren: Verteilen Sie je nach Schülerzahl 5–10 Tische im Raum. Versehen Sie sie mit einer weißen Papiertischdecke und gestalten Sie eine lockere Kaffeehaus-Atmosphäre. Legen Sie dicke Filzstifte auf dem Tisch bereit. Das Wichtigste: Platzieren Sie auf jedem der Tische ein Flipchart-Plakat. An den oberen Rand kleben Sie eine Karte mit einer Fallbeschreibung. Darauf ist eine Situation beschrieben, in die ein Schüler oder frisch Auszubildender beim Praktikum oder zu Beginn seiner Ausbildung kommen kann. Beispielsweise erhält ein Azubi während der Arbeitszeit einen Handyanruf von einem Freund, der mit ihm am Abend etwas unternehmen möchte. Er telefoniert eine Viertelstundelang, während die Kollegen um ihn herum weiterarbeiten. Nach dem Telefonat stellt ihn ein älterer Arbeitskollege zur Rede und erklärt, dass das nicht gehe. Am Ende des Falles steht die Frage: „Wie würdest du dich verhalten?“
Fallbearbeitungen durchführen
Auf jedem Tisch ist eine andere Situation beschrieben. Zu Beginn des World Cafés verteilen sich die Schüler gleichmäßig um die Tische. Beim Gongschlag beginnt jede Gruppe, über die Situation zu diskutieren und Lösungsvorschläge auf das Plakat zu schreiben. Beim nächsten Gong wechseln die Gruppen im Uhrzeigersinn zum nächsten Tisch. Dort diskutieren sie die nächste Situation und ergänzen ihre Vorschläge auf dem Plakat. Runden Sie diese Phase der Falldiskussionen mit einem Plenum ab. Jetzt können noch Fragen an den Trainer gestellt werden. Umgekehrt kann der Trainer noch allgemeine Anmerkungen zum Verhalten – z. B. Vorgesetzten gegenüber – anschließen. Fordern Sie die Schüler abschließend auf, Transfermöglichkeiten wahrzunehmen und das Gelernte im Schul- und Privatalltag anzuwenden.
Ein 2. Training anschließen
Setzen Sie im Abstand von 2 Monaten ein weiteres Training moderner Umgangsformen an. Führen Sie es in Ihrer Schule durch, z. B. im Klassenzimmer derjenigen Schüler, die das Training erhalten. Üben Sie wieder anhand von Fällen aus der Praxis. Setzen Sie als Methode Rollenspiele ein. Diese sind zwar für manche Jugendliche eine Herausforderung. Jedoch ist der Lerneffekt durch das eigene Tun größer, als wenn über eine Situation nur theoretisch geredet wird.
Das Training abschließen
Zum Highlight wird der Abschluss Ihres Trainings moderner Umgangsformen, wenn Sie ein Restaurant oder eine Gaststätte finden, die für Ihre Jugendlichen gegen eine geringe Eigenbeteiligung von 5–7 € ein 3-Gänge-Menü in einem Nebenraum spendiert. Allerdings müssen Ihre Schüler erst einmal zeigen, was sie im Hauswirtschaftsunterricht gelernt haben: Die Tische müssen sie in Teamarbeit eindecken und auch das Servieren übernehmen. Anschließend gibt es wieder einige Fallbesprechungen, die das Benehmen rund um den Restaurantbesuch und das Essen zum Thema haben.
Fazit: Verzahnen Sie das Training moderner Umgangsformen mit Ihren anderen Aktivitäten zur Ausbildungsreife. Geben Sie z. B. im Arbeit-Wirtschaft-Technik-Unterricht und bei der Vorbereitung von Betriebspraktika Gelegenheit, das Gelernte zu üben.
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